In Österreich und Bayern ist es eine sehr bekannte und beliebte Tradition, dass die Braut nach der Zeremonie von der Hochzeitsfeier „gestohlen“ wird. Bei den Entführern handelt es sich normalerweise um einige Hochzeitsgäste, welche die Braut in eine Lokalität in der Nähe bringen und mit ihr dort weiterfeiern und trinken.
Aufgabe des Bräutigams ist es nun erstmal zu bemerken, dass seine Angetraute fehlt, was im Partytrubel oftmals gar nicht so einfach ist. Hat er die Braut – mithilfe seines Trauzeugen oder Zubräutigams – gefunden, muss er sie auslösen. Meist reicht es nicht aus die Zeche der Entführer zu bezahlen, sondern der Bräutigam muss noch verschiedene Aufgaben lösen oder ein „Gstanzl“ singen um seinen Liebste wiederzubekommen.
Damit das Brautstehlen die Hochzeitsfeier nicht zerreißt und es für die Gäste, die nicht daran beteiligt sind, nicht langweilig wird, ist es wichtig, dass das Ganze nicht länger als maximal 1 Stunden dauert und zeitgleich für Unterhaltung gesorgt wird – zum Beispiel mit Musik, einer Fotobox oder anderen Überraschungen. Außerdem soll dieser Brauch keinesfalls den, über Monate hinweg geplanten, Hochzeitsablauf stören, da dies natürlich zu Unmut beim Brautpaar führen kann.
Das Stehlen der Braut hatte vor allem früher eine tiefe symbolische Bedeutung: die Braut verlässt das Elternhaus und beginnt mit ihrem Mann einen neuen Lebensabschnitt. Dem Bräutigam wird nochmal vor Augen geführt, dass er von nun an gut auf seine Frau achten muss und sie Wertschätzen soll.
Angeblich hat dieser Brauch seinen Ursprung im Mittelalter und hat sich aus dem „Recht der ersten Nacht“ entwickelt. Dieses Recht besagte, dass der Guts- oder Gerichtsherr bei der Heirat von zwei ihm unterstehenden Personen, die erste Nacht mit der Braut verbringen durfte oder einen Geldersatz verlangen konnte. Die Geschichtswissenschaft sieht darin allerdings einen literarische Fiktion.
Fotos Patricia Koppenberger Fotografie